09.30 Uhr – Eröffnungsvortrag

Transgenerationale Traumatisierung im stationären Rahmen: Einige Beobachtungen und einige grundsätzliche Überlegungen

Prof. Dr. med. Reinhard Plassmann
Ärztlicher Direktor Kitzberg-Klinik Bad Mergentheim, Psychotherapeutisches Zentrum


Abstract:
Transgenerationale Traumatisierung scheint auf Prozessen zu beruhen, die nicht ganz einfach zu verstehen sind, insbesondere dann, wenn nach allem Kenntnisstand den Kindern nichts explizit erzählt worden ist, es sich also um ein verschwiegenes, stummes Trauma der Erwachsenen handelt. Wie kann also im Kind ein komplettes Traumaschema entstehen von Ereignissen, über die nicht gesprochen wurde? Nützlich ist, hier die Wege der impliziten Kommunikation genau zu beobachten und zu untersuchen: die Entstehung eines Narrativs von dem, worüber nicht gesprochen wird. Zugleich ist es nützlich, sich den Sinn solcher Vorgänge zu verdeutlichen, d.h. letztlich den Sinn der sozialen Vererbung emotionaler Erfahrung von einer Generation zur nächsten. Hieraus ergeben sich dann auch die therapeutischen Ansätze:

  • Die Anerkennung der Notwendigkeit transgenerationaler Weitergabe von Erfahrung,
  • die Anerkennung der Notwendigkeit transgenerationaler Heilung.

Kurzbiographie: 

Prof. Dr. med. Reinhard Plassmann ist Nervenarzt, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Lehr- und Kontrollanalytiker (DPV) und EMDR-Therapeut. Er ist Ärztlicher Direktor des Psychotherapeutischen Zentrums Kitzberg-Klinik in Bad Mergentheim und Professor der Universität Kassel. Arbeitsschwerpunkt ist die stationäre Psychotherapie mit Erwachsenen und Kindern.

Letzte Buchpublikationen:

  • Die Kunst des Lassens, Psychosozialverlag 2007
  • Im eigenen Rhythmus, Psychosozialverlag 2008

10.00 – 10.30 Uhr

Die Gesellschaft der Überlebenden

PD Dr. Svenja Goltermann

Abstract:

Über die Folgen der Gewalterfahrungen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Svenja Goltermann erschließt in einem packenden Buch einen blinden Fleck der deutschen Zeitgeschichte: Sie geht der Frage nach, was die Gewalterfahrungen des Zweiten Weltkriegs für deutsche Soldaten und ihre Familien nach dem Krieg bedeuteten. Ein brisanter Beitrag zur Debatte um das Selbstverständnis der Deutschen und ihre Rolle als Täter und Opfer im Zweiten Weltkrieg. In den letzten Jahren hat sich die zeitgeschichtliche Forschung verstärkt der Frage zugewandt, welche Opfer die Deutschen im Zweiten Weltkrieg hinnehmen mussten. Svenja Goltermann greift in diesem Zusammenhang ein besonders brisantes und bislang nicht behandeltes Thema auf: die Nachwirkungen der Gewalterfahrungen im Krieg bei den heimkehrenden Soldaten. Durch bislang ungenutztes Quellenmaterial – die Krankenakten psychiatrisch behandelter Soldaten – wird deutlich, wie schwierig es für die Betroffenen und ihre Angehörigen war, wieder in den Alltag zurückzufinden. Einfühlsam und ohne moralische Vorurteile bringt Goltermann diese Zeugnisse von Gewalt, Schuld, Rechtfertigung und einsamer Hilflosigkeit zum Sprechen. Zugleich wird deutlich, warum die damalige Psychiatrie psychisch bedingte Leiden nicht mit dem Krieg in Verbindung brachte und welche Konsequenzen sich daraus für Politik und Gesellschaft ergaben. Spannend beschreibt sie, warum die Rentenansprüche der Kriegsheimkehrer dabei mit den Entschädigungsansprüchen der Holocaust-Opfer in direkte Konkurrenz traten. Svenja Goltermann legt ein wichtiges Buch zur deutschen Zeitgeschichtsschreibung vor, das die Erinnerung an den Krieg und seine Verbrechen in ein neues Licht rückt.

Kurzbiographie: 

  • 04.2010 - 09.2011 Lehrstuhlvertretung an der Universität Freiburg (Prof. Dr. Jörn Leonhard, Lehrstuhl für die Geschichte des Romanischen Westeuropas)
  • 10.2008 - 03.2009 Lehrstuhlvertretung an der Universität Bochum (Prof. Dr. Lucian Hölscher, Lehrstuhl für Neuere Geschichte und Theorie der Geschichte)
  • seit 10.2007 Akademische Rätin am Historischen Seminar der Universität Freiburg (befristet auf 3 Jahre)
  • 2007 Habilitation (Venia für Neuere und Neueste Geschichte) Thema der Habilitationsschrift: "Gegenwärtige Vergangenheiten. Kriegsheimkehrer, Psychiatrie und Erinnerung in der westdeutschen Gesellschaft 1945-1970"
  • 2003 – 2004  Feodor-Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung University of Southampton, History Department, School of Humanities
  • 10.2000 – 08.2007 Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Geschichtswissenschaft, Universität Bremen
  • 10.1999 – 09.2000 Forschungsprojekt: "Der verletzte Körper der besiegten Nation. Kriegsheimkehrer, Psychiatrie und westdeutsche Gesellschaft, 1945-1970" (gefördert von der Fritz Thyssen-Stiftung)
  • 10.1997 – 09.1999 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Universität Bielefeld
  • 1997 Promotion Thema der Dissertation: "Körper der Nation. Habitusformierung und die Politik des Turnens, 1860-1890"
  • 09.1993 – 06.1994 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Universität Bielefeld
  • 1993 – 1996 Stipendium im Rahmen des Verbundprojekts „Nationalismus“ (gefördert von der Volkswagen-Stiftung.)
  • 04.1992 – 03.1993 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Universität Bielefeld
  • 1984 – 1990 Studium mit den Fächern Geschichte, Spanische und Lateinamerikanische Geschichte, Spanisch und Politologie an den Universitäten Konstanz und Bielefeld; Abschluss Magister

10.30 – 11.00 Uhr

Im Schatten des Holocausts: Angst und Verlust von Mitgefühl im israelischen Diskurs

Eli Somer, Ph. D.

Der Vortrag ist in englischer Sprache
(Silke Gahleitner wird ggf. für Übersetzungen zur Seite stehen)

(In the shadow of the Holocaust: Fear, loss of compassion and self-righteousness in Israeli discourse)

Der Holocaust verlieh der im 19. Jahrhundert entstandenen jüdischen Nationalbewegung existentielle Dringlichkeit und bildete den Kontext für die Gründung des jüdischen Nationalstaats in seiner historischen Heimat. Die junge Nation wurde inmitten eines blutigen, existenziellen Konfliktes mit den arabischen Nachbarn und den palästinensischen Einwohnern ins Leben gerufen. Dreiundsechzig Jahre nach seiner Gründung lebt Israel immer noch im bewaffneten Dauerkampf. Die meisten jüdischen Bürger sind Flüchtlinge der ersten, zweiten oder dritten Generation, Überlebende der Verfolgung in der arabischen Welt und in Europa.

Die herrschende Stimmung und Verfassung ist durch drei Hauptdynamiken gekennzeichnet, die den kulturellen und politischen Diskurs bestimmen:

  1. existenzielle Angst und Argwohn, ob die Welt verlässlich hinter dem jüdischen Volk steht;
  2. Desensibilisierung und geminderte Einfühlung in das Leiden des vermeintlichen Feindes;
  3. eine aus der Situation resultierende aggressive Anspruchshaltung und Selbstgerechtigkeit bei drohender Kritik bzw. Widerspruch gegen das nationale Ethos.

Diese sozio-politischen Dynamiken werden aus der Perspektive traumatheoretischer Überlegungen analysiert.

Kurzbiographie: 
Eli Somer, Ph.D. is a clinical psychologist and a staff member of the University of Haifa School of Social Work. Somer is a trauma clinician and researcher. He has published over 70 peer-reviewed articles and two books in the field. Somer is the Immediate-Past-President of the European Society for Trauma and Dissociation (ESTD) and past President of the International Society for the Study of Trauma and Dissociation (ISSTD). In recent years he has been collaborating with Prof. Silke Gahleitner of the Alice Salomon University of Applied Sciences in the investigation of the second generation following World War II in both the German and Israeli societies.

11.30 – 12.00 Uhr

Was lernen wir aus der Geschichte

Dr. med. Luise Reddemann

Abstract:
Schaut man sich die Geschichte über längere Zeiträume an, kann bezweifelt werden, dass Menschen aus ihr lernen. Das beunruhigt uns natürlich, da der Beitrag der Deutschen zur Geschichte des 20. Jahrhunderts wahrhaft ein Schrecken ist. 
Um aus der Geschichte lernen zu können, müssen wir verstehen. Welche Erklärungen gibt es für das Verhalten der Mehrheit der Deutschen vor dem 1. Weltkrieg bis nach dem 2. Weltkrieg. Ich beziehe mich auf psychologisch-pychoanalytische Konzepte, vornehmlich auf Arno Gruen, und auf den Soziologen Norbert Elias, um den Versuch zu unternehmen, wenigstens Einiges ein wenig einzuordnen. 
Anschließend geht es mir um die Frage, ob und welche Veränderungen in den letzten 2-3 Jahrzehnten erkennbar sind und was wir an Kinder und Enkel weitergeben sollten, um zu mehr Toleranz und Frieden beizutragen. Ich werde kontroverse Thesen der Philosophen Levinas und Rorty dazu zu Rate ziehen.

Kurzbiographie: 

Dr. med. Luise Reddemann, Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Honorarprofessur für Psychotraumatologie an der Universität Klagenfurt.

 

Workshops 1A: 14.30 – 16.00 Uhr

Konstruktive Wege aus der Vergangenheit: Beratung und Therapie mit Angehörigen der 2. Generation nach dem Holocaust und Nationalsozialismus in Israel und Deutschland

Silke Gahleitner / Eli Somer / Luise Krebs / Marie-Luise Kindler


Abstract: 
Ein kooperatives Forschungsprojekt zwischen der Alice Salomon Hochschule Berlin und der Universität Haifa hat auf Spurensuche nach der Tradierung des nationalsozialistischen Geschehens und des Holocausts viele verschiedene subjektive Perspektiven israelischer und deutscher Nachkommen gesammelt. Die Ergebnisse erlauben interessante Schlussfolgerungen für Beratungs- und Therapieprozesse mit den Nachkommen derer, die 'dabei waren'. Das äußerst mannigfaltige Verarbeitungsspektrum der transgenerationalen Weitergabeprozesse bietet an vielen Stellen Anknüpfungspunkte für die Arbeit an konstruktiven Wachstumsprozessen und Resilienzaspekten.

Eli Somer (University of Haifa)
Silke Birgitta Gahleitner (Alice Salomon Hochschule Berlin) 
Luise Krebs (wiss. Mitarbeiterin an der ASH Berlin) 
Marie-Luise Kindler (wiss. Mitarbeiterin an der ASH Berlin)

Kurzbiographien:
Prof. Dr. phil. Silke Brigitta Gahleitner studierte Soziale Arbeit und promovierte in Klinischer Psychologie. Sie arbeitete langjährig als Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin in der sozialtherapeutischen Einrichtung für traumatisierte Mädchen TWG Myrrha sowie in eigener Praxis. Seit 2005 ist sie als Professorin für Klinische Psychologie und Sozialarbeit mit den Arbeits- und Forschungsschwerpunkten psychosoziale Diagnostik, Psychotherapie und Beratung, qualitative Forschungsmethoden und Psychotraumatologie zunächst an der EFH Ludwigshafen, danach an der ASFH Berlin tätig. 

sb@gahleitner.net
www.gahleitner.net

Eli Somer, Ph.D. is a clinical psychologist and a staff member of the University of Haifa School of Social Work. Somer is a trauma clinician and researcher. He has published over 70 peer-reviewed articles and two books in the field. Somer is the Immediate-Past-President of the European Society for Trauma and Dissociation (ESTD) and past President of the International Society for the Study of Trauma and Dissociation (ISSTD). In recent years he has been collaborating with Prof. Silke Gahleitner of the Alice Salomon University of Applied Sciences in the investigation of the second generation following World War II in both the German and Israeli societies.

Workshops 1B: 16.30 – 18.00 Uhr

Verrückt nach Frieden: Ein Friedensprojekt im Konflikt Israel und Palästina

Eli Somer / Nail Arafat / Uri Eiger

Abstract:
Der Nahostkonflikt sorgt beinahe täglich dafür, dass wir Ohnmachtsgefühle erleben müssen. Naiel Arafat und Uri Eiger sind mit den anderen MitstreiterInnen angetreten, Unmögliches zu realisieren: Feindliche Grenzen als unwirksam zu behandeln. Traumatherapie nötigt uns radikale Humanisten zu werden und über das Mitgefühl für die Opfer zu handelnden, mitfühlenden Subjekten zu werden.

Die Umrisse des von der ESTD geförderten Projekts einer Fortbildung in "Trauma, Grundlagen und erste Hilfen" mit pädagogischen Fachkräften in Palästina/Westbank soll vorgestellt werden. Das Projekt wird von Naiel Arafat koordiniert und mit der Unterstützung internationaler Fachkräfte durchgeführt.

Wir möchten die TeilnehmerInnen einladen, an unserer Freude, wie aus arabischer Märchenerzählerei und jüdischer Luftschlösserbauerei Konkretes entsteht, teilzuhaben.

Kurzbiographie: 
Naiel Arafat. Ich bin am 16.08.1961 in Gaza/Palästina geboren und in Benghazi/Libyen aufgewachsen.1978 kam ich nach Deutschland (Berlin) um Humanmedizin zu studieren. Ich studierte von 1981 bis 1987 an der Freien Universität (FU) in Berlin Medizin.

Beruflicher Werdegang:

  • Mitte 1987 - Ende 1988, Tätigkeit als Assistenzarzt in einer urologisch-chirurgischen Praxis in Berlin.
  • Ende 1988 - Mitte 1989, Tätigkeit als Assistenzarzt in der Gynäkologie und Geburtshilfe in Berlin.
  • Mitte 1989 -  Anfang 1991, Tätigkeit als Heimarzt und Heimleiter in einem Altenpflegeheim in Peine
  • Anfang 1991 - Anfang 2008, Tätigkeit als Assistenzarzt in der Psychiatrie und ab September 2001 als Oberarzt in der Allgemeinpsychiatrie im Klinikum Wahrendorff GmbH in Sehnde, dort u.a. Leitung der Klinik für Trauma- und Psychotherapie
  • Anfang 2008 - Anfang 2009, Tätigkeit als Chefarzt in der Helios Klinik Diez an der Lahn, Leitung der Fachklinik für Psychosomatik und Psychotraumatologie
  • Seit Juli 2009 Tätigkeit als niedergelassener ärztlicher Psychotherapeut in Peine

Weiterbildungen

  • 1997 Erwerb der Zusatzbezeichnung Psychotherapie in Hannover
  • 1997 Erwerb des Titels Arzt für Psychiatrie in Hannover
  • 1998 Beginn der speziellen Traumaausbildung bei Herrn Lutz Ulrich Besser in Isernhagen bei Hannover
  • ab 1998 - 2009 verschiedene Zusatzausbildungen und Fort- und Weiterbildungen im Bereich der Psychotraumatologie bei Herrn Lutz Ulrich Besser (www.zptn.eu), Frau Michaela Huber (www.michaela-huber.com), Herrn Prof. Sachsse, Herrn Dr. Dulz, EMDR-Seminare Level I und II in Köln bei Herrn Arne Hofmann (www.emdr-institut.de), Einzel- und Teamsupervisionen bei Herrn Besser und Frau Huber
  • Organisation der jährlichen Fachtagungen Posttraumatische Belastungsstörungen im Klinikum Wahrendorff in Sehnde ab 1998 und bis 2007
  • Organisation der Fachtagung Trauma und Bindungsstörungen in der Stadthalle in Limburg an der Lahn mit ca. 500 Gästen Oktober 2008
  • Mehrere Vorträge zum Thema Posttraumatische Belastungsstörung, Borderline-Persönlichkeitsstörung sowie Selbstverletzendes Verhalten
  • Fort-und Weiterbildungsangebote sowie Supervision in zwei psychiatrischen Einrichtungen im Raum Hannover und Celle
  • 1992 - 1999 Teilnahme an den notärztlichen Diensten im Raum Ilsede und Lahstedt
  • Seminar zur Supervisionstätigkeit bei TherapeutInnen, die mit chronisch-komplex traumatisierten Menschen arbeiten (Oktober 2009)  

Mitgliedschaften

Marburger Bund Niedersachsen, DeGPT, ESTD, Peiner Palliativnetz, Emdria, ESTSS, Fördermitglied der UNESCO

Kurzbiographie: 
Uri Eiger. Geboren 1954 in Kfar-Saba / Israel, seit 1965 mit Eltern und Bruder nach Deutschland immigriert. Studium der Psychologie in Marburg, Ausbildungen in GT, Gestalt, systemische Organisationsberatung, ISSD Trauma-Curriculum, EMDR, PITT, Theorie der "strukturellen Dissoziation". Sieben Jahre lang Leiter einer Erziehungsberatungsstelle und stellvertretender Abteilungsleiter in einem Jugendamt, langjährig politisch aktiv in der Friedensbewegung, Anti-Volkszählungsinitiativen und einer gewerkschaftlichen Arbeitsloseninitiative. In einer Lebensgemeinschaft lebend, Stiefvater zweier erwachsener Töchter und Vater einer 16jährigen Tochter. 

Workshop 2: 14.30 – 16.00 und 16.30 – 18.00 Uhr

Transgenerationale Weitergabe von Traumata

Gabriele Heyers / Ruth Sander

Abstract:
Zum Thema transgenerationale Weitergabe von Traumata gibt es inzwischen schon viel sehr gute Literatur. Bei dieser Tagung werden wir sicher auch sehr gute Vorträge dazu hören. Deshalb haben wir uns entschlossen, uns mit Ihnen auf einer anderen Ebene mit dem Thema zu beschäftigen. 

Wir werden in der ersten Workshop-Zeit mit Hilfe einer speziellen Art der Aufstellung eine erfahrbare Grundlage schaffen. Hier wird eine Wirkebene sichtbar, die sonst nicht so leicht zu erfassen ist. Dabei werden wir mit Elementen der Theorie der Strukturellen Dissoziation arbeiten: "Trauma", Alltagspersönlichkeitsanteil (ANP), Opferanteil und Kontroll- bzw. Verteidigungsanteil. Wir möchten mit Ihrer Unterstützung die Dynamik dieser drei Elemente untereinander und mit ergänzenden Elementen darstellen. Dann möchten wir die Ebene der nächsten Generation einführen, evtl. noch die Ebene der Enkel. Die wichtige Frage stellt sich: Was kann die wahrscheinlich zu beobachtende Weitergabe der Dynamik in die nächste Generation unterbrechen? Wir sind gespannt auf die kreative Antwort, die der Prozess der Aufstellung zeigen kann.
In der zweiten Workshop-Zeit werden wir den Prozess der Aufstellung noch einmal zusammenfassen und mit Ihnen diskutieren. Bei dieser Art der Aufstellungen zeigt sich, dass der anschließende Reflektionsprozess einer Integration des Erfahrenen sehr hilfreich ist. 

Kurzbiographie: 
Gabriele Heyers. Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie spezielle Traumatherapie (DeGPT), Therapeutin für Funktionelle Entspannung, Analytische Teamsupervision und Organisatonsberatung, Organisations- und Familienaufstellungen.
1. Vorsitzende Trauma Hilfe Zentrum München e.V.

Kurzbiographie: 
Dr. Ruth Sander. Promovierte Theaterwissenschaftlerin. Langjährige Tätigkeit im Produktionsbereich/Tanz und Theater. Kulturpolitische Tätigkeit als Geschäftsführerin der österreichischen IG Freie Theaterarbeit. Nach einer Beraterweiterbildung (ISBW) seit Mitte der 90er Jahre freiberufliche Coach, Supervisorin und lehrende Beraterin und Coach (istob München, SG). Schwerpunkt: das Arbeiten im Raum, Politik im Raum (www.politik-im-raum.org).

Workshop 3: 14.30 – 16.00 und 16.30 – 18.00 Uhr

Rituelle Gewalt und transgenerationale Täterschaft

Thorsten Becker 

Abstract: 
Rituelle Gewalt wird sowohl von Überlebenden als auch in der Fachliteratur als ein strukturelles Zusammenwirken von unterschiedlichen Täterkreisen beschrieben. Mißbrauch und Mißhandlung in der Herkunftsfamilie - auch durch die Großeltern-Generation als (Mit-)Täter- wird häufig als Vorbereitung für weitere Gewalthandlungen durch die "erweiterte Familie" beschrieben und dient der Vorbereitung, rituelle Gewalterfahrungen zu durchleiden. Oft werden sowohl Kult-Rituale als auch Kult-Ideologie als eine generationsüberspannende Tradierung beschrieben, in der sowohl Wissen um die Ausübung und das Erfahren von Gewalt, aber auch Werte, Normen und religiös-ideologische Glaubensvorstellungen weitergegeben werden. Der Workshop soll sich auf die hierbei entstehende Täterbindungen fokussieren und berücksichtigt hierbei neuere Bindungstheorien wie die des "Infanticidal attachment" (Kahr 2007, Sachs 2008).


Kurzbiographie: 
Thorsten Becker. Diplomsozialarbeiter / Diplomsozialpädagoge und systemischer Supervisor, freiberuflich tätig in Supervision, Fachberatung, Fortbildung und Beratung / Betreuung mit einer Spezialisierung auf die Problemfelder Kulte, Rituelle Gewalt, dissoziative Störungen und organisierte Gewalt gegen Kinder (www.BeckerTho.de).

Workshop 4: 14.30 – 16.00 Uhr

Trauma und Struktur im Verhältnis zur Institution des psychiatrischen Krankenhauses und in der Kooperation mit ambulanter Psychotherapie

Wilhelm-Peter Hornung, Michael Schormann, Susanne Leutner

Abstract:
Aus der Sicht der niedergelassenen PsychotherapeutInnen stellt Susanne Leutner zu Beginn eine erfolgreiche  Kooperation und deren Kernbedingungen vor:
In Bonn existiert seit der ISSD-Tagung in Donaueschingen 2004 ein Arbeitskreis von KollegInnen, die sich theoretisch und praktisch mit dem Thema der Dissoziativen Störungen befassen. In diesem Arbeitskreis entstand ein Modell der Krisenintervention nach Absprache, eine große Entlastung und effiziente Unterstützung für KlientInnen und deren ambulante TherapeutInnen. Peter Hornung, der Leiter der entsprechenden Abteilung und Mitglied in diesem Arbeitskreis richtete auch die inhaltliche Arbeit der Klinik stärker auf Trauma aus. Eine Traumaambulanz wurde gegründet. Aus der traumaspezifischen Supervision von dreien seiner  Oberärzte bei Susanne Leutner entstanden, wiederum vom Chef unterstützt, mehrere Fortbildungseinheiten für das gesamte Personal zweier Stationen, so dass inzwischen der gesamte fachliche Blick auf die PatientInnen den Aspekt von Traumatisierung einbezieht.
Ausgehend von den strukturellen Rahmenbedingungen eines psychiatrischen Großkrankenhauses entwickelt Michael Schormann im zweiten Teil des Vortrags, welchen Stellenwert dieses Setting in der Behandlung von komplex-traumatisierten Patientinnen und Patienten besitzt. 
Behandlung bewegt sich hier im Spannungsfeld zwischen stabilisierendem Schutzraum einerseits und der Gefahr, die Autonomie der Betroffenen in einem potentiell repressiven Ordnungssystem zu erschüttern und so retraumatisierende Erfahrungen zu provozieren. 
Als kritischer Einflussfaktor gewinnt hier die komplexe Interaktion mit den verschiedenen Berufsgruppen, die über einen sehr heterogenen Erfahrungsschatz verfügen, eine kritische Bedeutung für das Gelingen oder Misslingen einer erfolgreichen therapeutischen Zusammenarbeit. 
Vor diesem Hintergrund werden die Chancen und Risiken bei der Anwendung von Behandlungsoptionen wie EMDR und DBT im Hinblick auf ihre Stärkung von Ressourcen bewertet und ihr Einsatz im Kontext der Traumabearbeitung verortet.
Im letzten Teil des Vortrags führt Peter Hornung weiter aus, wie vorgegebene äußere Strukturen, worauf im ersten Teil des Vortrags hingewiesen wurde, bei bestimmten psychischen Zuständen Ich-Funktionen zeitweise übernehmen können. Dies gilt besonders im Falle von psychotischer Dekonstruktion zentraler psychischer Leistungsbereiche wie Realitätsprüfung und/oder Affekt- und Impulskontrolle. 
Psychotische Krisen, verstanden als zeitweiser Zusammenbruch dieser relevanten Ich-Aufgaben, können für das funktionierende (Rest-) Ich auch für sich genommen traumatischen Charakter haben. Andererseits finden sich in der jüngeren Literatur zu diesem Thema ebenso Hinweise darauf, dass psychische Traumatisierungen selbst Ursache und/oder Auslöser für psychotisches Erleben sein können. Möglicherweise lässt sich sogar eine Untergruppe von psychotischen Störungen als traumatogen im engeren Sinne charakterisieren. 
In diesem dritten Teil des Vortrags wird eingegangen auf die aktuelle Literatur zu diesem Thema und zu theoretischen und praktischen Implikationen der zu Grunde liegenden Hypothesenbildung.

Kurzbiographie: 
W. Peter Hornung, Prof. Dr. med., Medizinstudium in Aachen und Münster. Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, außerplanmäßiger Professor für das Fach Psychiatrie an der WWU Münster, Chefarzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie 1 der LVR-Klinik Bonn. 
Arbeitsschwerpunkte: Psychoedukation, Psychotherapie bei schizophrenen Psychosen, Angst- und Zwangsstörungen, Traumafolgestörungen, Verhaltenstherapie, Psychoanalytisch-Interaktionelle Gruppentherapie, Katathym-imaginative Psychotherapie, Sozialpsychiatrische Methoden. 
Autor bzw. Ko-Autor mehrerer Bücher, u.a. : "Psychoedukatives Therapieprogramm für schizophrene Patienten" (dgvt-Verlag, Tübingen), "Psychoedukation und Psychopharmakotherapie" (Schattauer-Verlag, Stuttgart)," Psychoedukation bei Zwangsstörungen" (Elsevier-Verlag), "Psychoedukation bei schizophrenen Erkrankungen" (Schattauer-Verlag).

Kurzbiographie: 
Susanne Leutner, Dipl.-Psych. Niedergelassen in freier Praxis in Bonn im Verfahren tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen, Gesprächspsychotherapeutin, Familientherapeutin, EMDR Supervisorin, spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT), PITT nach Reddemann, Ego-State-Therapie (Phillips/Hartman), energetische Psychotherapie Ausbildung bei E. Nijenhuis in Theorie und Behandlungspraxis der strukturellen Dissoziation

Veröffentlichung: Einheit von Stabilisieren und Prozessieren, in Chr. Rost: Ressourcenarbeit mit EMDR, Junfermann 2008, Stellvertretende Vorsitzende EMDRIA-Deutschland; Ego-State Ausbildungsinstitut zusammen mit E. Cronauer in Bonn

Kurzbiographie: 
Michael Schormann, Jg. 1968, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Ltd. Oberarzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie I, LVR-Klinik Bonn, EMDR-Therapeut, Psychoonkologe
Dozent der Dt. Gesellschaft für Verhaltenstherapie

Workshop 5: 14.30 – 16.00 Uhr

Epigenetik

Harald Schickedanz

Abstract:
Traumatische Erfahrungen im Kindesalter bewirken körperliche, seelische und soziale Belastungen lebenslänglich. Doch können sie auch das Erbgut im Gehirn dauerhaft verändern? Und werden diese Veränderungen an die Nachfolge-Generationen weitergegeben? Diese Fragen schüren das Interesse am jungen Feld der Epigenetik und stellt für alle Berufsgruppen, die mit Traumatherapie zu tun haben ein hoch interessantes Forschungsfeld dar. Die durch Umweltereignisse bewirkt chemische Markierung bestimmter Gene könnte nun das lange gesuchte Scharnier darstellen, über das die Umwelt auf die Erbanlagen einwirkt. Besonders durch das Anhängen oder Entfernen von Methylgruppen, die sogenannte Methylierung, verändern Zellen die Aktivität einzelner Gene. Epigenetik nennt sich das Forschungsfeld, das sich diesen Vorgängen widmet.

Im Workshop wir sich der Vortragende bemühen, den aktuellen Stand des Wissens, der für uns alle hoch bedeutsam ist, allgemeinverständlich darzustellen.


Kurzbiographie: 
Harald Schickedanz leitet seit 2009 das Plankrankenhaus für Psychotherapeutische Medizin im Psychotherapeutischen Zentrum Bad Mergentheim. Er ist Facharzt für Innere Medizin, Psychosomatik und Psychotherapie. Darüber hinaus ist er als Sportmediziner, Krankenhaus-Betriebswirt und Traumatherapeut leidenschaftlich interessiert an Bewegungs-, Wachstums-, Veränderungs- und Heilungsprozessen im biologischen, seelischen und sozialen Bereich.

Workshop 6: 16.30 - 18.00 Uhr

Werden die Missetaten der Väter heimgesucht bis ins dritte und vierte Glied - Drogenabhängigkeit und Familiengeschichte

Ruthard Stachowske / Heidrun Girrulat

Abstract:
In diesem Workshop wird die Entwicklung von Drogenabhängigkeit als Ausdruck einer mehrgenerational - und kontextuell bedingten Entwicklung beschrieben. Dabei werden die mehrgenerationalen Muster erklärt, die wir in unserer Forschung zu "Drogenabhänigigkeit und Familien(Geschichte)" gefunden haben – so u.a. mehrgenerationale Traumatisierungen. Es wird auch erkennbar werden, wie sehr die Kriege der letzten Jahrhunderte ihre Spuren in den Familiengeschichten hinterlassen haben.

Ein Schwerpunkt wird dabei die Beschreibung der kontextuellen Einflussgrößen/Wirkfaktoren einnehmen, die die Entwicklung von Drogenabhänigigkeiten massgeblich ermöglicht haben. Wir werden daher sowohl die Geheimnisse in Systemen der Generationen der Drogenabhängigen wie in dem Kontext Gesellschaft und Kultur entschlüsseln.

Wir laden Sie herzlich zu dieser Reise in ein unbekanntes Land ein – um mit uns zusammen neue Erfahrungen und Eindrücke zu "erleben".

Kurzbiographien:
Prof. Dr. Ruthard Stachowske, Jahrgang 1957. Systemische Familientherapie (SG), Gestalttherapeut, Systemische Beratung und Organisationsberatung, Ausbildung in pädagogischem Rollenspiel, umfangreiche Weiterbildungen u. a. Traumatherapie.
Seit vielen Jahren in der stationären Langzeittherapie von Drogenabhängigen und drogenkranken Familiensystemen mit ihren Kindern tätig. Veröffentlichungen, Workshops und Vorträge zum Thema mehrgenerationale Drogentherapien und Kinder in drogenkranken Familiensystemen, verheiratet und Vater von drei Kindern, lebt bei Lüneburg.

Heidrun Girrulat, Jahrgang 1955, Dipl.-Sozialarbeiterin/pädagogin, Ausbildung als Gestalt- und Familientherapeutin (SG), approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, Psychotherapeutin (HP), Trainerin für EFT (Energiefeldtherapie) und ausgebildet in Traumatherapie nach Dr. Luise Reddemann (PITT). Seit vielen Jahren als Psychotherapeutin in der Therapie drogenabhängiger Männer und Frauen, Eltern und deren Kindern tätig, stellvertretende Leiterin der Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch, 1993 bis 2006 Lehrauftrag an der FH Lüneburg. Seit 2007 Leitung der Gruppe der Verwaisten Eltern Lüneburg. Mutter dreier Kinder. Lebt in der Nähe von Lüneburg.
Veröffentlichungen: Systemische Erinnerungs- und Biografiearbeit

Workshop 7: 16.30 – 18.00 Uhr

Fortschritte in der Arbeit mit dissoziativen KlientInnen

Michaela Huber

Abstract: 
In diesem Workshop geht es um Fallsupervision. Anhand der (möglichst präzisen) Fragen können die Erarbeitung von Behandlungsplanungen und einzelne Arbeits-Empfehlungen in Mini-Lectures angeboten werden.

Kurzbiographie: 
Michaela Huber, 1. Vorsitzende der DGTD, Psychologische Psychotherapeutin, Supervisorin und Ausbilderin in Traumabehandlung, Göttingen. 
Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a. neu: "Viele Sein. Ein Handbuch", Junfermann, 2011